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Transient Designer

Die Erfindung des Transient Designers | Transient Shaper Technologie

Die Transient Designer Story: Auf den Spuren der Transienten und mein Abenteuer mit Hüllkurven – doch plötzlich war eine der revolutionärsten Ideen der 90er geboren, ohne das ich es ahnte…

Teil 1 /2

   

Viele von euch wissen vielleicht noch gar nicht, dass ich in den späten 90er Jahren eines der einflussreichsten und revolutionärsten Audioprozessoren der Neuzeit erfunden habe, den Transient Designer. Ich war jung und brauchte kein Geld, sondern einen ganz bestimmten Sound. Ihr fragt euch sicherlich, wie es dazu kam und was ich mir dabei gedacht habe, und was hat eigentlich Michael Jackson damit zu tun?

Wenn ihr Lust habt, nehme ich euch heute mit auf die Reise in meine Vergangenheit und erzähle euch, wie ich unwissend zum Erfinder einer Technologie wurde die heute in jeder DAW zum Standard gehört, in unzählbaren erfolgreichen Sample Libraries noch heute zum Einsatz kommt und international zum Kassenschlager wurde…

Die musikalische Notwendigkeit

Begonnen hat alles, als ich als begeisterter Musiker und gelernter Radio- und Fernsehtechniker mit Ambitionen zur Analogtechnik im Jahre 1995 einen Job als Entwickler bei der Firma SPL in Niederkrüchten bekam. Zu dieser Zeit verließ ich gerade meine Band als Keyboarder und bastelte mir in meinem Schlafzimmer mein erstes Home Studio zusammen. Natürlich mit dem Gedanken irgendwann mal mit der Musik Reichtum zu erlangen und Millionen Scheiben zu verkaufen. Das kennt ihr doch alle! Oder etwa nicht?

Mein Homestudio stattete ich mit einem Sampler von Ensoniq, dem EPS 16+, einem Kawai K4 Synth, einem Roland D70 und einem Kurzweil K2000 aus. Diesen Fuhrpark feiner Hardware Klangerzeuger steuerte ich standardmäßig an. Wie man es eben aus den Neunzigern kennt – mit Atari 1040 ST und dem guten alten Cubase via MIDI.

Hinzu kam, ganz klassisch, ein analoges Mischpult und meine Speaker, damit ich kreativ in meinem Schlafzimmer, aka Homestudio, arbeiten konnte. Mit diesem Setup fing ich an meine eigenen Songs zu komponieren, an meinen Sounds zu tüfteln und nächtelang an Knöpfchen zu drehen. Dabei versuchte ich natürlich das Beste aus der vorhandenen Peripherie herauszukitzeln. Zu dieser Zeit war leider mein Outboard Equipment doch relativ bescheiden und von einem Kompressor konnte ich nur träumen.

Die willkommene Abwechslung: Kreative Freitage in der Firma!

Zur damaligen Zeit bei SPL wurde ich öfter in der Fertigung eingesetzt. Ich habe dort unter anderem Produkte messtechnisch sowie akustisch geprüft. Das war eine Art erste Qualitätskontrolle und wenn ich Pech hatte, wurde ich teilweise wochenlang mit stupiden Aufgaben beauftragt. Diese waren echt zeitraubend und mühsam und haben wirklich keinen Gehirnschmalz verschlissen. Da habe ich mich entschieden, den Freitag dazu zu nutzen um meiner Kreativität freien Lauf zu lassen.

Vormittags kam mir eine Idee, die ich dann mittags umsetzen wollte. Die Pappe, die normalerweise genutzt wurde, um mehrere Geräte aufeinander zu stapeln, dienten als Papier zum Skizzieren meiner Schaltpläne die ich mir ausdachte.

Freitagmittags habe ich mich dann, vollen Tatendrangs, mit Lötkolben und Lötzinn bewaffnet. Wenn ich gut drauf war, hatte ich an einem Freitagnachmittag ein komplett neues Produkt aus alten Platinen und Gehäusen entwickelt. Ganz Frankenstein-like mit der Vision: Hauptsache es ist verrückt, es soll Sounds produzieren und Krach machen. Dabei erwies sich ein Umstand als besonders glücklich: Da in der Fertigung immer mal wieder Gehäuse und Platinen Fehler hatten und diese nicht mehr in der Produktion genutzt werden konnten, wurden sie von mir nachhaltig und kreativ recycelt.

Die Nachmittage

Zu meiner eigenen Vitalisierung habe ich mir häufig eine Platine des Vitalizer genommen und damit etwas völlig anderes erschaffen. Ein Surfboard? Nein, ganz anders! Das schöne daran war, dass ich schon eine fertige Infrastruktur nutzen konnte: Netzteil, Audio-Buchsen, Potentiometer sowie Schalter.

Zum Glück gab es schon eine ordentliche Anzahl an OP Amps und sogar, mit dem LM13700 eine Art VCA. Auf der Rückseite der Platine habe ich dann mit diversen Kabeln und Kabelbrücken neue Verbindungen geschaffen. Diese machten dann die neuen Funktionen.

Für die fertig ausgestanzten Löcher der Frontplatte habe ich mir sinnvolle Funktionen ausgedacht und habe alle Löcher entsprechend geschlossen. Auch wenn ich nur vier Potentiometer gebraucht habe, habe ich mir immer etwas Sinnvolles einfallen lassen. Wenn ich einen zusätzlichen Schalter benötigte, konnte ich diesen mit Griff zur Bohrmaschine leicht hinzufügen. Freitagabends erwartete mich schon ein guter Schulfreund mit den Farbdosen!

Ich fuhr mit Feierabendbier und meinem neu ausgedachten Produkt im Gepäck zu ihm. Schließlich wollte ich die Frontplatte meines neuerschaffenen Schätzchens noch lackieren. Ich musste immer genau die Farbe meines Freundes nehmen, in der sich noch Reste in der Dose befanden. Mit einem Permanentmarker habe ich die Frontplatte dann noch schnell beschriftet.

Auf diese Art entstanden für mein Homestudio eine ganze Reihe verrückter und kreativer selbstgemachter Produkte! Unter Anderem Filterboxen mit LFO’s, AutoPaner, Gates, Bass Drum Generatoren und noch vieles mehr.

Rubens Rack
Ruben’s Rack
Rubens Funk Machine
Die Funk-Maschine
Rack mit piano
Rack im Studio B

Der Transienten Flüsterer | Transient Shaping – Die erste Idee

Ich arbeitete mit meiner Sammlung von selbst erdachten Audio Prozessoren im Homestudio und feilte weiter an dem Sound meiner selbstkomponierten Songs. Doch da war ein Album aus dem Jahr 1991 von Michael Jackson (Dangerous), welches mich vom Sound her sehr beeindruckte. Das besondere an dem Sound dieser Albumproduktion waren für mich die punchigen Drumsounds, die über meine Boxen peitschten, und mir war klar, dass ich einen solchen Sound auch für meine Songs in meinem Homestudio hinbekommen musste.

https://youtu.be/ka24qQ_epK0
Michael Jackson | Dangerous
Die Anforderung

Mit meinem Equipment bekam ich das nicht hin und ich muss dazu sagen, dass zu dieser Zeit das allwissende Internet noch lernte und mir Google und Youtube auch noch nicht weiterhelfen konnte. Einen guten Kompressor hatte ich zu eben dieser Zeit immer noch nicht. Mein Motto, damals wie heute: “Was ich nicht habe, baue ich mir dann eben selbst”. Zeitgleich kam mir dann auch die erste Idee des Vorläufers des Transient Designers – der Transient Equalizer. Da ich schon Routine hatte mit dem Erwecken neuer Produkte im Frankenstein-Style entwickelte ich den ersten Prototypen dieses Transient Equalizer.

Der Transient Equalizer

IMG 0618

Er war vom Grundprinzip ähnlich aufgebaut wie ein Noise Gate mit Threshold Regler welcher dann aber eine Hüllkurve auslöste wie bei einem Synthesizer. Zusätzlich spendierte ich diesem Prototypen dann noch einen Decay Regler zur Kontrolle der Abklingzeit. Wie bereits mehrfach erwähnt musste ich insgesamt acht sinnvolle Potis unterbringen, um der Frontplatte ein ordentliches Gesicht geben zu können. Es kam mir noch die Idee einen Rauschgenerator zu implementieren. Diesen Rauschgenerator konnte ich zusammen mit einem Bandpass in den VCA mischen. Die letzten Potentiometer nutzte ich dann für einen Mix-Regler und eine Verzerrer Stufe für das Effektsignal. Es stellte sich heraus, dass das perfekt war um lahme und schöde Snaredrums aus meinem Sampler richtig aufzupolieren. Mit diesem Teil konnte ich schon sehr verrückte Sounds machen, aber….

Es kristallisierte sich leider heraus, dass dieser Threshold Trigger nicht immer perfekt war und ich diesen unbedingt optimieren musste. Folgendes Szenario passierte: Wenn das Signal zu leise war dann wurde keine Hüllkurve ausgelöst und wenn Snare Fills zu schnell kamen, konnten so schnell auch keine neue Hüllkurve ausgelöst werden. Genau dieses Problem haben viele Noise Gates auch heute noch. Habt ihr es jemals gemerkt? Ist es euch schon mal aufgefallen? Ich stellte dann schnell fest, das genau diese Schaltung nicht für alles einsetzbar war und leider nicht sehr zuverlässig arbeitete.


Herrscher über die Hüllkurven – endlich, mein erster Kompressor!

Da stand ich nun vor meinem Scherbenhaufen, der mir schlaflose Nächte bereitete und mir zudem Unmengen an Lötzinndampf in der Nase bescherte…. Hüllkurven, Dynamik sowie der Traum eines eigenen Kompressors. Ich habe in der ganzen Zeit, die ich in dieses Projekt investiert habe doch glatt vergessen an meiner “Nummer 1” –  Albumproduktion weiter zu arbeiten. Wie sollte ich in die Billboard Charts kommen? Aber… nicht ohne diesen Sound! Plötzlich ein Lichtblick und eine Eingebung: Eine Stimme die mir eindringlich sagt: “Ein Kompressor, Ruben! Ein Kompressor!”. Im Jahre 1996 war es soweit und ich habe endlich meinen ersten eigenen Kompressor entwickelt – den DynaMaxx.

Wieder eine Challenge… The One-Knob Wonder!

Eine echte Herausforderung für mich war, einen Kompressor mit nur einem Regler zu entwickeln. Dafür hatte ich mich sehr intensiv mit der Thematik beschäftigt, wie aus einer Wechselspannung ein Steuersignal für ein VCA entstehen kann. Besonders der Gleichrichter und die Zeitkonstanten waren dabei eine große Herausforderung. Zu diesem Zweck habe ich unzählige Signale meines Kurzweil K2000 genutzt, um ein möglichst unauffälliges Kompressions-Ergebnis zu erhalten. Die endlose Anpassung der Zeitkonstanten brachten dann ein Regelverhalten, welches auf vielen Signalarten sehr gut funktionierte. Der DynaMaxx war damals schon ein Feedforward Kompressor. Dadurch konnte ich auch gleich einen De-compressor und zusätzlich ein intelligentes Noise Gate mit realisieren.

Mein erster Kompressor wurde ein echter Erfolg und wurde schnell in vielen Studios eingesetzt, aber auch im Live-Bereich besonders geschätzt, weil er sehr schnell beste Ergebnisse lieferte.

Genau durch diese Entwicklung erlangte ich schon eine echte Expertise zum Thema Sidechain bei einem Kompressor. Habe ich die Hüllkurven vielleicht jetzt bezwungen? Erfahre mehr im zweiten Teil meiner ganz persönlichen Transient Designer Story.

In der Zwischenzeit gibt’s hier mehr Infos zum nvelope, oder hier den Teil 2.

Euer Ruben